Krönchen

28. März 2009

..du kannst mich gerne anrufen, wenn es dich irgendwo gibt.

Ich sitze im Physikraum, der Lärmpegel am Limit. Unser Lehrer hat den Raum verlassen und plötzlich ströhmen aus allen Mündern die Gedanken, die die ganze Zeit nicht raus durften. Aus allen Ecken werden historisch-kritische Bibelauslegungen gebrüllt und mir fliegen die Begriffe um die Ohren, die ich nicht mehr hören will. Ihr macht mich alle noch verrückt!, will ich schreien, kriege aber keinen Ton raus. Noch 2 Stunden. Zwei Augenpaare starren plötzlich in meine Richtung und ich lese daraus, dass nun auch ich gefragt werde. Ich kämpfe gegen die Hintergrundgeräusche an und versuche Sinas Stimme aus all dem Wortwirrwar herauszufiltern, dass durch die Luft fliegt und sich langsam über mir in eine riesige dunkle Wolke verwandelt, die mich unter Druck setzt. Sie fragt nach der feministischen Bibelauslegung. Ich gebe ihr schnell die Antwort und versuche, mich dem Gespräch wieder zu entziehen. Je mehr ich darüber jetzt noch hören muss, um so verrückter mache ich mich. Ich spüre fast, wie es in meinem Kopf anfängt zu Trommeln und mir das Gelernte entwischt. LASST MICH IN RUHE DAMIT! Noch nie habe ich mich so gefreut, dass mein Lehrer den Raum betritt. Wirklich nicht. Die letzten 35 Minuten konzentriere ich mich auf die Übungsklausur für Physik und ordne meine Gedanken wieder. Ein Glück: das Klingeln! Ich verlasse mit Lea den Neubautrackt am Hintereingang und gehe um das Schulgebäude herum, wo noch niemand ist. Endlich wieder Luft zum Atmen. Wir wechseln 2-3 Sätze über das Wichtigste, lesen uns die Aufzeichnungen noch einmal schnell durch und betreten den Klassenraum in dem wieder ohrenbetäubender Religions-Lärm ist. Ich schließe die Augen und versuche mich zu sammeln. So schlimm war das vor der Matheklausur aber nicht.

Unsere Lehrerin betritt den Raum, teilt die Klausuren aus und es herrscht Stille. Endlich! Ich überfliege die Aufgaben und fange ohne lange nachzudenken einfach an zu schreiben. Alle Gedanken, die ich die letzten paar Stunden versucht hatte festzuhalten, all das, was ich nicht vergessen durfte. Meine Lehrerin sieht, wie schnell ich schreibe und meint, ich sollte mich mal entspannen. Aber ich will es einfach nur loswerden. Die Seiten füllen sich und allmählich lässt dieses unerträgliche Druckgefühl nach, was ich die ganze Zeit in der Klausurenphase mit mir herumgeschleppt hatte. Es tat gut zu wissen, dass ich heute Nachmittag nichts mehr lernen müsste, aber irgendwie war es noch nicht ganz da. Das Klingeln. Die erste Stunde geschafft. Durchhalten.

Eine Tabelle, 4 Seiten, 3 Bibelstellen und eine Stellungnahme später kehre ich der feministischen Bibelauslegen den Rücken zu und hoffe nie wieder einen synoptischen Vergleich anfertigen zu müssen (blöd. ich habs als P5 im Abi). Lea und ich nehmen unsere Taschen und verlassen den grauen muffigen Klassenraum. Wir treten aus dem Schulgebäude und spüren die frische kühle Luft und die Sonne. Hupende Autos düsen auf den Parkplatz, eine riesige Kollone Fahrzeuge mit Warnblinklicht und lauter Musik. Der 13. Jahrgang vermittelt allen, dass Ferien sind. – Danke!, rufe ich gedanklich, denn jetzt wird mir bewusst, dass es wirklich wahr ist.

bus
Wenn ich aus dem Bus aussteige, dann ist alles gut, denke ich. – Wieder der fröhliche Klang der hupenden Autos. Ein Gefühl wie damals, als die WM in Deutschland war und alle im Autokorso gefeiert haben.

regenbogen

wenn es an der Tür klingelt und er mit einem Arm an die Wand gelehnt da steht und wartet – vor der Hofeinfahrt der dunkelblaue BMW, in den ich mich ins Trockene rette. Wenn man in den Kurven tief in die grauen Ledersitze gedrückt wird und dabei beobachten kann, wie die kleinen Wassertropfen krumme Linien von rechts nach links auf die Fensterscheiben malen und aus dem Radio Bon Jovi einen schönen Tag wünscht, dann ist Donnerstag.

Laut gedacht.

23. März 2009

Ich sollte öffter…

  • im Mondschein Wäsche abnehmen.
  • Pianomusik hören & träumen.
  • Fruchtzwerge mit Banane essen.
  • Mama’s Pfannkuchen-Duft in der Nase haben.
  • glücklich verliebt sein.
  • das Kitzeln der Sonnenstrahlen im Gesicht spüren.
  • den Regenbogen fotografieren.
  • im Gras liegen und die Wolken zählen.
  • den Sternenhimmel in der Badewanne liegend beobachten.
  • den Politikteil der Lokalzeitung lesen.
  • mit Freunden reisen.
  • gute Bücher lesen.
  • ins Kino gehen.
  • bei OBI in der Hollywood-Schaukel Schokolade essen.
  • mit mir selbst zufrieden sein.
  • auf der Gitarre improvisieren.
  • an mich glauben.
  • lächeln.
  • Meine Brille tragen.
  • meinen Ex anlächeln.
  • früh ins Bett gehen.
  • meine Oma besuchen.
  • mit meinem Vater im Auto singen.
  • auf Tanz-Bälle gehen.
  • meinen Regenschirm dabei haben. (ohja – heute wäre der Gold wert gewesen)