Von Vergebung

25. Januar 2018

toa-heftiba-274947-unsplash.jpg(via unsplash)

Life happens while you’re making plans.

Wie erstrebenswert sind eigentlich comfortzones für dich?

Sehr! Ich liebe die Komfortzone, ich liebe auch Routinen und Alltag. Neuerungen versetzen mich mit meinem unerschütterlichen Perfektionismus immer unter maximalen Stress.

„Pläne sind dafür da um sie über den haufen zu werfen“, was für ein dämlicher Spruch, hab ich immer gedacht! Ich hielt mich an meine Pläne und erreichte meine Ziele. Pläne gaben mir Orientierung und Sicherheit, sie gaben mir den Sinn. Mit 25 hatte ich meinen persönlichen Lebensentwurf erreicht. Sie klopften mir dafür auf die Schulter, waren stolz auf mich, beeindruckt, dass du in so einer Mordsgeschwindigkeit da hin gekommen bist wo du heute stehst.

Ja. Warum bin ich nicht glücklich, frage ich mich.

Leb doch mal, sagst du. Du musst im hier und jetzt glücklich sein und nicht Angst vor der Zukunft haben.

Ich weiß, ein Fünkchen Wahrheit ist da dran. Aber was ist mit der anderen Seite? Was ist, wenn ich später zurückschauend auf meine neue, planlose Drauflosleb-Einstellung feststellen muss, dass ich aufgehört habe, mir die Ziele zu erarbeiten, die mir eigentlich wirklich etwas bedeutet haben. Was ist, wenn ich im Alter zurückschaue und bereue?

Meine Diagnose hat alles verändert, sagst du. Wenn du dich mit dem Ende auseinander setzen musst, dann gibt es nur noch das Hier und Jetzt und es gilt das Maximale daraus rauszuholen.

Was ist, wenn du der Liebe deines Lebens begegnest, aber du bist schon verheiratet? Es gehört Mut dazu, sein vorhandenes ganz gutes Leben aufzugeben, obwohl man weiß, dass es funktionieren könnte.

Ich blickte auf meine derzeitige Beziehung und erkannte, dass ich nicht vollständig glücklich war. Dass es funktioniere, aber ich mir mehr wünschte. Ich realisierte, dass es dir genauso ging. Denn so sehr du es dir auch einredest, ich hatte aufgehört dich glücklich zu machen. Ich war schlichtweg nicht mehr in der Lage dazu. Und so entstand ein neuer Gedanke in meinem Kopf: Irgendwann wirst du mir dankbar sein, für die Frau, die du dann hast.

Es klingt immer so einfach, der Täter zu sein. Aber es ist auch schwer, mit diesem Gewissen zu leben, dir wehgetan zu haben. Es ist schwer, dich nicht mit einer Umarmung verabschiedet zu haben, denn so ein Abschied wäre dieser Beziehung so würdig gewesen. Es ist schwer, damit abzuschließen, wenn man die Entscheidung selbst getroffen hat, weil man damit leben muss, dass man selbst die Wahl hatte und selbst die Verantwortung für diese Situation trägt. Die Herausforderung besteht in Verantwortung und Selbstvergebung.

Lerne, dir selbst zu verzeihen, dass dein Plan A nicht das richtige für dich war. Lerne, dir selbst zu verzeihen, dass du jemandem weh tun musst, der dich immer gut behandelt hat und nur das Beste verdient. Lerne, dass du dich nicht selbst bestrafen musst. Lerne, dass es kein Verbrechen ist, etwas nicht zu Ende durchzuziehen, wenn es dich nicht mehr glücklich macht.Lerne Selbstliebe. Lerne, dass du irgendwann wieder glücklich sein darfst.

…wie sehr lieben Sie Ihr Leben?

Diese Frage hat mein Leben auf den Kopf gestellt. Ich war verstandstechnisch auf einer 10. Von außen betrachtet überstrahlte sie jeden Zweifel, diese fette goldene 10. Mein Leben lang hatte ich nach Plan A gelebt und jedes einzelne meiner Ziele erreicht, teilweise in so einer Mordsgeschwindigkeit, dass ich kopfschüttelnd zurück blickte und mich fragte, ob das wirklich wahr sein konnte.

Ich wusste nicht, was es war. Ich hatte nur diese unangenehme kleine Ahnung in der Bauchgegend. Ich hatte alles erreicht, alles lief perfekt, bot mir die besten Zukunftsperspektiven. Und doch stand ich da und fragte mich: „Wieso bin ich nicht glücklich? Was zur Hölle fehlt mir denn?“

Ich habe lange gebraucht, um zu verstehen, dass Plan A zwar perfekt ist, aber eben nicht für mich. Ich wollte so sehr daran festhalten. Es war mir einfach so heilig. Ich wollte niemandem weh tun. Ich war voller Dankbarkeit und zog mich immer mehr in meiner Überforderung zurück.

Ich weiß, niemand versteht das. Fragt mich nicht, wo ich hin will.
Einfach nur weg.